In its forthcoming issue [vol. 116 (2) 2001] the "Forensic Science International" will publish the final scientific report by a group of forensic doctors from Finland on the alleged massacre in Racak, a village in Kosovo. The central conclusion of this report is that there is no evidence for a mass execution of Kosovo-Albanian civilians by Serbian police troops. This conclusion is in clear contradiction to the assertions by OSCE and NATO officials and by government stuff of all NATO states, especially the German Foreign Office which circulated the assertion as "Report of the European Union on Racak".
The Berliner Zeitung reports the main results of the final report and connects its findings to permanent attempts to hide the results and to hush up the political responsibility for deliberately misleading the public during the preparation of the aggression against Yugoslavia.
hk
Berliner Zeitung, 17. Januar 2001 http://www.BerlinOnline.de/aktuelles/berliner_zeitung/politik/.html/1510.html
Neues in der Verschlusssache Racak
Wissenschaftlicher Abschlussbericht finnischer Experten enthält keinerlei Beweis dafür, dass in dem Kosovo-Dorf unbewaffnete albanische Zivilisten von serbischen Einheiten exekutiert wurden
Bo Adam und Roland Heine
BERLIN, 16. Januar. Für das angebliche Massaker im Kosovo-Dorf Racak vom 15. Januar 1999 finden sich auch in einem wissenschaftlichen Abschlussbericht finnischer Gerichtsmediziner keinerlei Beweise. In der renommierten rechtsmedizinischen Zeitschrift "Forensic Science International" soll in Kürze ein ausführlicher Aufsatz der Fachleute Juha Rainio, Kaisa Lalu und Antti Penttilä erscheinen, der die Untersuchung von 40 in Racak gefundenen Leichen zusammenfasst. Der Bericht, den die "Berliner Zeitung" vorab einsehen konnte, kommt nicht zu dem Schluss, in Racak sei eine Gruppe friedfertiger albanischer Dorfbewohner von serbischen Sicherheitskräften exekutiert worden.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte im Frühjahr 1999 erklärt, man habe Beweise für "Tötungen und Verstümmelungen unbewaffneter Zivilisten" gefunden, "viele aus extremer Nahdistanz erschossen". Das angebliche serbische Massaker von Racak diente vielen Politikern auch in Deutschland als Begründung für ihre Zustimmung zum Nato-Angriffskrieg gegen Jugoslawien.
Die Gerichtsmediziner Rainio, Lalu und Penttilä gehören zu einem finnischen Experten-Team unter Leitung von Frau Helena Ranta, das im Frühjahr 1999 von der Europäischen Union mit der Untersuchung des Geschehens von Racak beauftragt worden war. Die Untersuchungen wurden gemeinsam mit serbischen und belorussischen Fachkräften vorgenommen.
Herkunft der Toten blieb unklar
Die Aufgabe bestand darin, vier Fragenkomplexe zu beantworten: Identifikation der Opfer, Ursache, Art und Zeit des Todes, Umstände des Todes und schließlich die Frage nach eventuellen Verstümmelungen. Im finnischen Abschlussbericht heißt es: Das Team "konnte nicht feststellen, dass die Opfer aus Racak stammten". Auch die "Ereignisse" bis zur Autopsie konnten "nicht festgestellt werden", und schließlich nicht einmal die "Lage der Opfer am Ort des Zwischenfalls".
Dagegen erklären die drei Experten, dass es "keine Anzeichen von nachträglichen Verstümmelungen" durch Menschen gab. Penibel listet der Bericht auf, dass an den 40 untersuchten Leichen zwischen einer und 20 Schusswunden entdeckt wurden. Doch nur in einem Fall fanden die Gerichtsmediziner Pulverspuren, die auf eine Exekution hinweisen könnten.
Der Expertenbericht für die im Niederländischen Verlag Elsevier herausgegebene Fachzeitschrift "Forensic Science International" bestätigt die Schlussfolgerungen, zu denen die "Berliner Zeitung" in Auswertung geheim gehaltener Autopsie-Protokolle bereits im März 2000 gekommen war: Die seinerzeit von der OSZE und vielen westlichen Politikern behaupteten Beweise für eine Massenhinrichtung albanischer Zivilisten durch serbische Sicherheitskräfte gibt es nicht. Völlig ausgeblendet wurde die Frage, ob es sich nicht zumindest bei einem Teil der in Racak gefundenen Toten um Kämpfer der albanischen UCK handelte, die im Zuge von Gefechtshandlungen mit jugoslawischen Einheiten fielen. Das UN-Tribunal in Den Haag hatte noch nach der Veröffentlichung in der "Berliner Zeitung" erklärt, man gehe weiter davon aus, dass in Racak albanische Zivilisten ermordet wurden.
Rantas geheimes Referat
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass auf politischer Ebene bis zum heutigen Tag eine Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse verhindert wurde. Die Leiterin des finnischen Experten-Teams, Frau Helena Ranta, erläuterte am 17. März 1999 auf einer Pressekonferenz zwar ihre "persönliche Meinung". Doch dieses Statement enthielt Widersprüche und Halbwahrheiten, die fälschlicherweise zu Gunsten des Krieges ausgelegt wurden, wie sie später kleinlaut einräumte. Das deutsche Auswärtige Amt brachte die Ranta-Kommentare unter dem irreführenden Titel "Bericht der EU zu Racak" in Umlauf.
Nach Kriegsende stellte Frau Ranta im EU-Auftrag erneut Nachforschungen zu Racak an. Am 21. Juni 2000 lieferte sie einen Bericht beim Jugoslawien-Tribunal ab, das das angebliche Massaker von Racak zu einem der wesentlichen Anklagepunkte gegen die Alte jugoslawische Führung gemacht hatte. Der Bericht wurde sofort geheimgestempelt. Tags darauf referierte Frau Ranta hinter verschlossener Tür vor Beamten der EU-Staaten über ihre Erkenntnisse. Doch auch dieses Referat blieb geheim. Nicht nur den Medien, sondern sogar Europa-Parlamentariern wurde verwehrt, sich mit den Aussagen vertraut zu machen. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass Frau Ranta auch vor den EU-Beamten wiederholte, was sie einer mit der "Berliner Zeitung" kooperierenden kanadischen Journalistin - weit weg von der interessierten europäischen Öffentlichkeit - mitteilte: Dass ihre Recherche die offizielle Version einer Massenhinrichtung nicht untermauert; dass sie nicht wisse, was in Racak wirklich passiert sei.
Vorsichtiges Umdenken
Ein internationales Gremium hat inzwischen Schlussfolgerungen aus den wachsenden Zweifeln gezogen: Die Parlamentarische Versammlung der Nato. In dem beim jüngsten Treffen verabschiedeten Generalbericht "Die Folgen des Kosovokonflikts" setzt sich das Gremium kritisch mit dem Krieg und vor allem mit dem vorangegangenen Krisenmanagement auseinander. In diesem Zusammenhang spricht die Nato-Versammlung von "dem bis heute nicht restlos aufgeklärten angeblichen Massaker von Racak".
Auch auf jugoslawischer Seite ist der Fall Racak präsent. Mit Blick auf die ständigen Überfalle albanischer Freischärler auf die entmilitarisierte Pufferzone, die nach dem Kosovo-Krieg auf Nato-Druck zwischen Zentralserbien und dem UN-verwalteten Kosovo errichtet worden war, zog Jugoslawiens Präsident Vojislav Kostunica bereits Parallelen zur Situation im Winter 1998/99. Er betonte den Willen, "die Souveränität des Landes im südlichen Serbien zu verteidigen". Zugleich aber warnte er, Jugoslawien dürfe nicht wieder hineingezogen werden in "eine Art Provokation" wie in Racak, die "eine internationale Intervention" ausgelöst habe.